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OLG Koblenz zum Anspruch auf Löschung von Foto- und Videoaufnahmen aus dem Intimbereich

OLG Koblenz zum Löschungsanspruch von Video- und Bilddateien aus dem Intimbereich
Urteilstext: 

Geschäftsnummer: 3 U 1288/13

OBERLANDESGERICHT

​KOBLENZ

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

in dem Rechtsstreit

Beklagter, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
 

gegen

Klägerin, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

 

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Grünewald, die Richterin am Oberlandesgericht Haberkamp und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2014

für Recht erkannt:

 

1)    Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das Teil-, Anerkenntnis- und Endurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichter - vom 24. September 2013 werden zurückgewiesen.

2)    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3)    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4)    Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe:

 

I.

 

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Löschung von sie zeigenden Lichtbildern und Filmaufnahmen in Anspruch, die sich auf elektronischen Vervielfältigungsstücken des Beklagten befinden.

Die Parteien hatten in der Vergangenheit eine Beziehung. Der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, erstellte während dieser Zeit zahlreiche Bild­aufnahmen von der Klägerin, auf denen diese unbekleidet und teilweise bekleidet sowie vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten zu sehen ist. Teilweise hat die Klägerin intime Fotos selbst erstellt und dem Beklagten in digitalisierter Form überlassen. Zudem besitzt der Beklagte Lichtbilder von der Klägerin, die sie bei alltägli­chen Handlungen ohne intimen Bezug zeigen.

Nach Beendigung der Beziehung leitete der Beklagte verschiedene ihm zuvor von der Klägerin übersandte E-Mails an die Fir­menadresse des Zeugen ...[A], dem Ehemann der Klägerin, weiter. Dadurch erhielten Mitarbeiter die Möglichkeit, Einsicht in die E-Mails zu nehmen. Eine von dem Zeugen ...[A] eingerichtete technische Blockade der E-Mail-Adresse des Beklagten umging dieser, indem er von einer neuen, zuvor unbekannten Adresse weitere E-Mails an den Zeugen ...[A] sendete und dabei auch aus von der Klägerin an ihn gerichteten intimen E-Mails zitierte. Auf Antrag des Zeugen ...[A] erließ das Amtsgericht Frankfurt am 07.06.2013 eine einstweilige Verfügung, wonach es dem Beklagten untersagt wurde, an den Zeugen E-Mails zu senden (Anlage K 12, GA 135).

Die Klägerin hat den Beklagten zunächst u. a. auch in Anspruch genommen, es zu unterlassen, sie, die Klägerin zeigende Licht­bilder und/oder Filmaufnahmen ohne ihre Einwilligung Dritten und/oder öf­fentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, von ihr erhaltene E-Mails und/oder Textnachrichten über Skype und/oder SMS ohne ihre Ein­willigung Dritten und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, sowie E-Mails und/oder SMS und/oder sonstige elektronische Nachrichten an sie, die Klägerin, zu senden.

Nachdem die Parteien sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht durch einen Teilvergleich geeinigt haben, dass der Beklagte die vorgenannten Anträge anerkennt und die Klägerin weitergehende Anträge zurücknimmt, hat die Klägerin, soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse, zuletzt beantragt,

den  Beklagten zu verurteilen, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage insoweit abzuweisen.

Das Landgericht hat den Beklagten, soweit im Berufungsverfahren von Interesse, durch Teil-, Anerkenntnis- und Endurteil unter Abweisung des weitergehenden Löschungsantrages verurteilt,

die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen, auf denen die Klägerin

- in unbekleidetem Zustand,

- in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin    

  (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen sei,

- lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet

- vor/ während

          oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr,

abgebildet ist,

vollständig zu löschen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Löschung im bezeichneten Umfang gemäß §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit ihrem allgemeinen Persönlichkeits­recht zu. Da die Aufnahmen im Einverständnis der Klägerin erstellt worden seien, liege zunächst kein rechtswidriger Eingriff in das das Recht am eigenen Bild umfassende allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin vor. Denn die Einwilligung zur Herstellung von Bildnissen habe zugleich - unter persönlichkeitsrechtlichen Gesichtspunkten - die Einwilligung zum Inhalt, dass ein anderer die erlaubterweise hergestellten Bildnisse in Besitz haben und über sie verfügen dürfe.

Die Klägerin sei aufgrund ihres allgemeinen Persönlichkeits­rechts allerdings berechtigt, die Einwilligung in die Herstellung der Bildnisse, ähnlich wie eine Einwilligung in die Veröffentlichung von Lichtbildern, zu widerrufen, nämlich dann, wenn die Fortgeltung der einmal erteilten Einwilligung in Widerspruch trete zu den vom Persönlich­keitsrecht geschützten Belangen des Abgebildeten. Der Widerruf der Einwilligung in die Anfertigung eines Lichtbildes könne den Akt der Bildniserstellung zwar nicht rückwirkend rechtswidrig machen. Allerdings habe er die Wirkung, dass - unter dem Blickwinkel des Persönlichkeitsrechts - nun­mehr die Befugnis des Adressaten entfalle, über das Bildnis und den darin verkörperten Aspekt der Persönlichkeit des Abgebildeten zu verfügen.

Im Streitfall sei es erforderlich, der Klägerin ein Widerrufsrecht jedenfalls hinsichtlich der Lichtbilder und Film­aufnahmen zu gewähren, die sie in intimen Situationen zeigten. Diese Aufnahmen be­träfen den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts, für den ein besonderer Schutz notwendig sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass die Fotos und Filme geeignet seien, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten in erheblicher Weise zu beeinträchtigen. Zwar solle dem Beklagten nicht unterstellt werden, dass er beabsichtige, die Aufnahmen dritten Personen zugänglich zu machen und insoweit sei auch durch das Teilanerkenntnisur­teil klargestellt, dass er die Fotos und Filme ohne Einwilligung der Klägerin Dritten nicht zugänglich machen dürfe. Gleichwohl folge al­lein aus der Existenz dieser Fotos und Filme die keineswegs auszu­schließende Möglichkeit, dass die Aufnahmen auch ohne Zutun des Beklagten, z.B. durch Entwendung von Rechner oder Speichermedien, in die Hände unbefugter Dritter gelangen und so auch unter von dem Beklagten nicht gewollten Umständen ihren Weg in die Öffentlichkeit finden könnten.

Dies spreche dafür, der Klägerin die Befugnis einzuräumen, nach Beendigung der Bezie­hung über das Schicksal der sie in intimen Situationen zeigenden Aufnahmen  zu ent­scheiden. Wollte man ihr unter diesen Umständen die Möglichkeit eines Widerrufes abschneiden, würde dies bedeuten, dass sie fortan darauf angewiesen sei, darauf zu vertrauen, dass der Beklagte die Fotos so sorg­sam verwahre, dass ein Zugriff für Dritte ausgeschlossen sei. Man würde ihr damit jegliche Möglichkeit nehmen, über die Ver­wahrung oder die Vernichtung der Aufnahmen zu entscheiden. Dies sei der Klägerin jedenfalls bei den intimen Aufnahmen nicht zuzumuten.

Aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin bestehe durchaus Anlass daran zu zweifeln, dass der Beklagte die Fotos so sorgfältig wie möglich verwahren werde. Auch wenn der Beklagte wiederholt geäußert habe, dass er die Fotos nicht veröffentlichen werde, könne nicht unbe­rücksichtigt bleiben, dass er vertrauliche E-Mails der Klägerin mit intimem Inhalt an die Firmenadresse des Ehemann mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme durch unbeteiligte Dritte weitergeleitet habe. Selbst wenn es dem Beklagten darum gegangen sein sollte, gegenüber dem Ehemann etwaige Behauptungen zu den näheren Umständen der Beziehung klarzustellen und er tatsächlich nicht gewollt habe, dass dritte Personen Kenntnis erlangen, komme durch sein Verhalten, zu deren Unterbindung eine einstweilige Verfügung notwendig gewesen sei, in objektiver Hinsicht eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit persönlichen und intimen Daten der Klägerin zum Ausdruck Dies begründe die Besorgnis, dass der Beklagte auch bei der Aufbewahrung der Fo­tos und Filme - wenn auch nur ungewollt - nicht die erforderliche Sorgfalt walten lasse.

Schließlich sei zu würdigen, dass sich die Umstände, unter denen die Klägerin ihr Einver­ständnis mit den Aufnahmen erteilt habe, maßgeblich geändert hätten. Zum Zeitpunkt der Erstel­lung der Aufnahmen habe zwischen den Parteien eine Beziehung bestanden, welche ersichtlich Grundlage für die Herstellung auch intimer Foto- und Filmaufnahmen gewesen sei. Diese gemeinsame Basis sei jedoch durch die zwischenzeitliche streitige Trennung der Parteien nicht mehr vorhanden.

Diesem Ergebnis stünden überwiegende Interessen des Beklagten nicht entgegen. Die Fo­to- und Filmaufnahmen seien innerhalb der Beziehung der Parteien entstanden. Vertragliche Be­ziehungen bestünden insoweit nicht. Auch habe der Beklagte für die Erstellung der Bilder und Filme kein Entgelt zahlen müssen. Zudem sei die Grundlage für die Erstellung der Fotos und Filme zwi­schenzeitlich entfallen, weil die Beziehung beendet sei. Unter diesen Umständen sei auf Seiten des Beklagten zwar zu berücksichtigen, dass die Fotos für ihn einen künstlerischen Wert hätten und der Erinnerung an die gemeinsame Beziehung dienten. Gegenüber diesen Umständen überwiege jedoch das ebenfalls grundrechtlich abgesicherte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

Der Löschungsanspruch bestehe aber nicht für Aufnahmen, die die Klägerin beklei­det in Alltags- und Urlaubssituationen zeigten. Diese Lichtbilder tangierten das Per­sönlichkeitsrecht der Klägerin in einem geringeren Maße und seien auch weniger geeignet, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Hinsichtlich dieser Fotos erachte es das Gericht daher auch für die Klägerin als zumutbar, wenn diese im Besitz des Beklagten ver­blieben.

Gegen das Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien.

Der Beklagte wendet sich gegen die teilweise erfolgte Verurteilung zur Löschung, während die Klägerin weiterhin die vollständige Löschung begehrt.

Der Beklagte trägt nunmehr vor,

die Klägerin habe keinen Anspruch auf Löschung von elektronischen Vervielfältigungsstücken von Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen, da diese in seinem Eigentum  stünden. Die von ihm erstellten Fotografien und Videofilme mit erotischem Inhalt seien auf Wunsch der Klägerin, die ihn geliebt habe, und mit deren Einverständnis gefertigt worden. Die Klägerin habe ihm zudem -unstreitig- eine Vielzahl selbst von ihr erstellter Fotos oder Videos übersandt, die sie unbekleidet zeigten (Anlagekonvolut B 3, GA 279 ff.). Er lege Wert darauf, dass er zu der Klägerin nicht nur ein sexuelles Verhältnis unterhalten, sondern eine Liebesbeziehung bestanden habe. Die Klägerin sei unstreitig nie zur Fortsetzung der Liebesbeziehung gedrängt worden. Er habe nie damit gedroht, die Fotografien zu veröffentlichen. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die grundgesetzlich geschützten Begriffe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der Kunstfreiheit und die Auswirkungen in die Einwilligung in Lichtbildaufnahmen und letztlich auch das Kunsturhebergesetz verkannt. Es stehe ihm aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und aufgrund seines Berufs als Fotograf und des Rechts auf Kunstfreiheit zu, über die Fotografien und Videofilme zu verfügen. Da die Klägerin ihre Einwilligung zur Fertigung der Aufnahmen erteilt habe, sei sie nicht berechtigt, diese Einwilligung für die Zukunft zu widerrufen. Die Verurteilung zur Löschung der Lichtbilder stelle einen unzulässigen Eingriff in die Eigentumsgarantie dar. Es handele sich um eine enteignende Maßnahme. Das Landgericht lasse unberücksichtigt, dass der Urteilstenor auch Bilder umfasse, die die Klägerin selbst von sich erstellt und ihm geschenkt habe. Der auf Löschung gerichtete Antrag der Klägerin sei auch zu unbestimmt. Das Landgericht habe gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen, weil es der Klägerin etwas zugesprochen habe, was diese nicht beantragt habe. Zudem sei die Urteilsformel zu unbestimmt und daher nicht vollstreckungsfähig, insbesondere was die Formulierung „im Anschluss an den Geschlechtsverkehr“ anbelange.

Der Beklagte beantragt nunmehr

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich   

des Löschungsantrages insgesamt abzuweisen,

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

sowie mit ihrer Berufung,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen,

die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen         elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen.

Die Klägerin trägt vor,

der Beklagte habe zwischenzeitlich weite Teile seiner Berufungserwiderung im Internet veröffentlicht und durch Veröffentlichung auf ... multipliziert. Das Landgericht habe den Löschungsanspruch zu Unrecht teilweise abgewiesen. Es habe die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes übersehen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht ausreichend beachtet.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die zulässigen Berufungen der Parteien sind unbegründet.

1. Berufung des Beklagten

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Löschung der sich im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Beklagten befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke im bezeichneten Umfang zugesprochen.

a) Die formellen Angriffe des Beklagten gegen das Urteil bleiben ohne Erfolg.

aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten (BB 19, GA 270)  ist der Löschungsantrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Es erschließt sich ohne weiteres, was die Klägerin verlangt. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen. Der Klageantrag erfasst damit alle im Besitz des Beklagten befindlichen Medien, auf denen sich die beanstandeten Aufnahmen befinden.

bb) Die Berufung des Beklagten rügt auch ohne Erfolg, dass das Landgericht gegen   § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen habe. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Gemeint sind damit unzulässige „Mehr-„ und „Aliud“-Entscheidungen. Zulässig ist es aber, wenn das Gericht weniger („minus“) zuspricht, als beantragt (Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl.,    § 308 Rnr 2 f.  m. w. N.). So aber liegt der Fall hier. Das Landgericht ist hinter dem Löschungsantrag der Klägerin insoweit zurückgeblieben, als es den Löschungsanspruch auf intime Aufnahmen beschränkt hat.

cc) Der Beklagte verweist auch erfolglos auf eine fehlende Bestimmtheit und Vollstreckungsfähigkeit des Tenors, soweit das Landgericht ihn verurteilt hat, Aufnahmen zu löschen, die die Klägerin „im Anschluss an den Geschlechtsverkehr“ zeigen. Die vom Landgericht vorgenommene Eingrenzung ist objektiv hinreichend bestimmt und enthält damit auch einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Gemeint sind Aufnahmen, die einen objektiven Bezug zum Geschlechtsverkehr erkennen lassen und damit erkennbar noch in einem Zusammenhang mit dem zuvor durchgeführten Geschlechtsverkehr stehen.

b) Ein  Anspruch der Klägerin auf Löschung dieser Aufnahmen ergibt sich allerdings nicht aus § 6 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), weil das Gesetz im Streitfall nicht anwendbar ist. Gemäß § 1 BDSG besteht der Zweck des Bundesdatenschutzgesetzes darin, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt dem Einzelnen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. hier frei darüber zu entscheiden, was mit seinen personenbezogenen Daten erfolgt (BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83; BVerfGE 65, 1, 41 ff- - Volkszählungsgesetz). Durch die Aufnahmen der Klägerin ist dieses Recht auf informationelle Selbstbestimmung zweifelsfrei betroffen.

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG gilt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen auch für nicht öffentliche Stellen. Dazu zählen nach § 2 Abs. 4 BDSG auch natürliche Personen. Der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, handelte als nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 BDSG. Mit den die Klägerin zeigenden Aufnahmen stehen auch personenbezogene Daten im Sinne des § 3 BDSG in Rede.

Es mag im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Löschung der Aufnahmen gemäß § 6 Abs. 1 BDSG offen bleiben, ob diesem Anspruch ein Recht des Beklagten auf Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG oder ein Anspruch aus seinem Eigentumsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 GG entgegensteht, weil es sich bei einer Löschung der Fotos um einen enteignenden Eingriff im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG handeln könnte. Insoweit entfalten die Grundrechte für den Bereich des Zivilrechts eine mittelbare Drittwirkung (BVerfGE 7, 198 ff. = NJW 1958, 257 – Lüth-Urteil; Maunz/Dürig/Her-zog-di Fabio, Kommentar, Stand 2001, Art. 2 Rn. 193).  

Denn das BDSG ist im Streitfall, der einen rein privaten Sachverhalt betrifft, nicht anwendbar. Dies folgt aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG, wonach das BDSG nicht einschlägig ist bei Daten „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“. Dies ist vorliegend der Fall, da die Aufnahmen unstreitig nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin werden die Daten auch nicht dadurch öffentlich, dass der Beklagte sich auf die Kunstfreiheit beruft und Kunst „auf kommunikative Sinnvermittlung nach außen gerichtet ist“. Insoweit geht der Senat mit dem Beklagten davon aus, dass er als Fotojournalist den von ihm gemachten Aufnahmen zwar einen künstlerischen Stellenwert beimisst, die Aufnahmen aber ausschließlich zu persönlichen bzw. privaten Zwecken gefertigt wurden und nicht für Dritte vorgesehen sind.  

c) Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung folgt auch nicht aus § 37 KunstUrhG. Danach unterliegen die widerrechtlich hergestellten, verbreiteten oder vorgeführten Exemplare und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung oder Vorführung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen der Vernichtung.

Die hier in Rede stehenden Lichtbilder und Vervielfältigungsstücke sind nicht widerrechtlich hergestellt worden, da die Klägerin mit der Erstellung der Lichtbilder durch den Beklagten einverstanden war und darüber hinaus diesem von ihr selbst gefertigte Aufnahmen mit intimen Charakter zur Verfügung gestellt hat.

d) Das Landgericht hat jedoch zu Recht einen Anspruch auf Löschung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (analog) hergeleitet.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass die im Streit stehenden Aufnahmen mit Einverständnis der Klägerin erstellt worden sind. Die Erstellung der Lichtbilder und Filmaufnahmen sowie der damit einhergehende Besitz des Beklagten stellten damit zunächst keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin, das auch das Recht am eigenen Bild umfasst, dar. Die Einwilligung zur Herstellung von Bildnissen hat zugleich die Einwilligung zum Inhalt, dass ein anderer die Bildnisse des Betroffenen in Besitz hat und über sie verfügt (LG Oldenburg, Beschluss vom 24.04.1988 – 5 S 1656/87 – GRUR 1988, 694).

Entgegen der Auffassung des Beklagten schließt die Einwilligung der Klägerin in die Anfertigung der betreffenden Aufnahmen den Widerruf des Einverständnisses für die Zukunft aber nicht aus.

Ob ein Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung für die Zukunft möglich ist, ist umstritten (vgl. Helle, Die Einwilligung beim Recht am eigenen Bild, AfP 1985, 93, 99 f.). Die ältere Rechtsprechung (OLG Freiburg, Urteil vom 11.06.1953 – 2 U 52/53 - GRUR 1953 404, 405; vgl. auch Helle, aaO, 100) hat die Widerrufsmöglichkeit, auch unter veränderten Umständen, verneint. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass ein Widerruf einer Einwilligung einer Medienveröffentlichung nur zulässig sei, wenn sich seit der Einwilligung die Umstände so gravierend verändert hätten, dass eine weitere Veröffentlichung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen würde (Frömming, Die Einwilligung im Medienrecht, NJW 1996, 958 unter Bezug auf OLG München, AfP 1987, 570, 571 und Soehring, Presserecht, 2. Auflage 1995, Rn. 19, 49). Dies wird aus einer analogen Anwendung des § 42 Abs. UrhG hergeleitet, wonach der Urheber bei „gewandelter Überzeugung“ Nutzungsrechte gegenüber dem Inhaber widerrufen könne, wenn das Werk seiner Überzeugung nach nicht mehr entspreche und deshalb ihm die Verwertung nicht mehr zugemutet werden könne. Dieselbe Situation wird bei einer Einwilligung in die Medienveröffentlichung angenommen, wenn sich die innere Einstellung des Betroffenen grundlegend gewandelt habe. Auch dann sei eine weitere Publizierung nicht mehr zumutbar (Frömming, ebd.).

Dabei ist die Rechtsnatur der Einwilligung nicht unumstritten. Während der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.03.1980 – VI ZR 1557/78 – NJW 1980, 1903 f.) in einer älteren Entscheidung die Einwilligung wohl noch als Realakt angesehen hat, wobei für die Auslegung der Erklärung die Grundsätze der rechtsgeschäftlichen Erklärungen angewendet werden sollen, ist die jüngere Rechtsprechung der Auffassung, dass die Einwilligung grundsätzlich eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung sei. Ein Widerruf könne nur dann erfolgen, wenn die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts dies gebiete, wie z. B. Vorliegen veränderter Umstände, die auf einer gewandelten inneren Einstellung beruhen, so dass dem Betroffenen nicht mehr zumutbar sei, an der einmal abgegebenen Einwilligung festgehalten zu werden (LG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2010 – 12 O 309/10 – ZUM-RD 2011, 247 ff., Juris Rn. 23).

Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung, weil nur dadurch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das auch das Recht am eigenen Bild umfasst, Geltung verliehen werden kann.

Die Bindungswirkung an eine einmal erteilte Einwilligung kann in Widerspruch zu den von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Belangen des Abgebildeten stehen, so dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass der Betroffene der Anfertigung der Lichtbilder zu irgendeinem Zeitpunkt zugestimmt hat.

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die Bild- und Filmaufnahmen im privaten Bereich im Rahmen einer Liebesbeziehung  gefertigt worden sind. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Beklagten, wie es z.B. bei Aufnahmen eines Modells gegen Entgelt der Fall wäre. Es handelt sich um intime, den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betreffende Aufnahmen.

Insoweit ist der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit des Beklagten nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht berührt. Im Raum steht das Recht des Beklagten auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 GGG, das Recht auf Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG und das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Der Beklagte hat hervorgehoben, dass für ihn auch der künstlerische Wert der Aufnahmen im Vordergrund stehe.

Die Gewährleistung der Kunstfreiheit erfasst sowohl den Bereich der künstlerischen Betätigung, den Werkbereich, als auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks, also den Wirkbereich des künstlerischen Schaffens (BVerfG, Urteil vom 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04 –BVerfGE  30, 173, 189; BVerfG, Urteil vom  17.07.1984 - 1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213, 224 - anachronistischer Zug). Betroffen ist hier allein der Wirkbereich des Beklagten. Da der Beklagte aber anerkannt hat und durch Teilanerkenntnis verurteilt worden ist, die Lichtbilder und/oder Filmaufnahmen nicht ohne Einwilligung der Klägerin Dritten zugänglich zu machen, beschränkt sich sein Anliegen allein darauf, sich selbst die Aufnahmen anschauen zu können. Da für die Ausübung der Kunstfreiheit neben dem Schutz des Werkbereichs aber auch der Schutz des Wirkbereichs von erheblicher Bedeutung ist, eine Einschränkung derselben von dem Beklagten aber hingenommen wird, fällt im Rahmen der Abwägung zwischen den schutzwürdigen Belangen des Schutzes des Persönlichkeitsrechts der Klägerin einerseits und des Rechts auf Kunstfreiheit des Beklagten andererseits letzteres Recht nicht mehr erheblich ins Gewicht. Die Kunstfreiheit besteht entgegen dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 GG auch nicht schrankenlos. Sie muss im Sinne einer effektiven Grundrechtsausübung im Einzelfall hinter anderen Grundrechten zurückstehen (Bülow, Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch künstlerische Werke, 2013, S. 42 f.).

Entsprechendes gilt für das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und das Grundecht auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.

Ist die Beziehung zwischen den Parteien beendet, ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse der Klägerin an der Löschung der Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des Beklagten an der Existenz der Aufnahmen, die nach seinen eigenen Bekundungen nur ideellen Wert haben kann, da eine Zurschaustellung der Bilder oder eine Veröffentlichung dieser von ihm nach eigenem Bekunden nicht beabsichtigt ist.

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat, dass die Foto- und Filmaufnahmen durch ein Sicherungsprogramm vor dem Zugriff Dritter gesichert seien, hat der Senat erhebliche Zweifel, ob nicht zukünftig durch veränderte Techniken Dritten die Möglichkeit eröffnet wird, eine solches Sicherungsprogramm zu „knacken“. Der Beklagte hat auch auf wiederholte Nachfrage nicht konkret, nachvollziehbar und überzeugend anzugeben vermocht, wie er die Vervielfältigungsstücke dauerhaft und umfassend gegen einen unbefugten Zugriff Dritter geschützt haben will.

Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Landgerichts, dass aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin durchaus Anlass zu Zweifeln besteht, ob der Beklagte mit den Aufnahmen mit der gebotenen größtmöglichen Sorgfalt umgeht. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass der Beklagte vertrauliche E-Mails der Klägerin mit intimem Inhalt an die Firmenadresse des Ehemanns mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme durch unbeteiligte Dritte weitergeleitet hat. Darüber hinaus hat der Beklagte in der Folgezeit seine E-Mails von verschiedenen Adressen aus abgesendet, um so sicherzustellen, dass diese nicht von vorneherein aussortiert werden. Immerhin war der Erlass einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts Frankfurt notwendig, um dieses Verhalten zu unterbinden.

Nach Auffassung des Senats ist die Einwilligung in die Erstellung und die damit verbundene Nutzung der in Rede stehenden Lichtbilder zudem zeitlich auf die Dauer der zwischen den Parteien bestehenden Beziehung beschränkt. Es handelte sich um eine zweckbestimmte Einwilligung.

2. Berufung der Klägerin

 

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin die vollständige Löschung der sie zeigenden Aufnahmen begehrt.

Im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Löschung gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog, ist zu berücksichtigen, dass unter Beachtung des Grundsatzes der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Umstand der Einwilligung in die Anfertigung einerseits in Abwägung zu bringen sind mit dem Eigentumsrecht des Beklagten an den Lichtbildern und elektronischen Vervielfältigungsstücken sowie dem Recht auf Kunstfreiheit andererseits.

Das Landgericht hebt zu Recht hervor, dass Lichtbilder, die die Klägerin in bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße tangieren und weniger geeignet sind, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es ist allgemein üblich, dass bei etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen zu dürfen.

Soweit die Berufung der Klägerin unter Bezugnahme auf die Kommentierung von di Fabio (Maunz/Dürig/Herzog, di Fabio, aaO), die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.12.1999 -1 BvR 653/96 – BVerfGE 101, 361 ff. = NJW 2000, 1021 f.- Caroline von Monaco-Entscheidung) und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 25.04.1995 -VI ZR 272/94 – NJW 1995, 1955 ff.) und vom 24.05.2013 V ZR 220/12 – NJW 2013, 3089 ff.) argumentiert, dass der Klägerin aus dem Recht am eigenen Bild  und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Recht auf vollständige Löschung aller angefertigten Lichtbilder und elektronischen Vervielfältigungen habe, auch soweit diese die Klägerin in unbekleidetem Zustand zeigten, ist zu bemerken, dass diese Entscheidungen einen nicht vergleichbaren Sachverhalt aufwiesen. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betrafen Videoaufnahmen auf einem öffentlichen Weg bzw. die Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage. Bei der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgesichts ging es um die Aussage, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist und der Einzelne grundsätzlich auch die Möglichkeit haben muss, an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten von einer Bildberichterstattung unbehelligt zu bleiben.

Im vorliegenden Fall stellt sich die Situation aber so dar, dass die Klägerin nicht ohne ihre Wissen von der Aufnahme der Lichtbilder überrascht worden ist, sondern im Rahmen ihrer Beziehung zu dem Beklagten in die Aufnahmen und die anschließende Nutzung durch den Beklagten eingewilligt hat.

Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Bezug auf Aufnahmen, die sie in Alltagssituationen zeigen, nicht nur in einem geringeren Umfang betroffen ist, sondern sich die Klägerin auch an der einmal erteilten Einwilligung zur Erstellung der Fotos und der  Nutzung durch den Beklagten festhalten lassen muss. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.03.2014 (GA 341, 364) als Anlage B 6 eine Werbebroschüre des Autohauses vorgelegt, in der die Klägerin selbst abgebildet ist. Diese Aufnahmen, die ebenfalls von dem Beklagten gefertigt worden sind, belegen, dass die Klägerin keine Bedenken hat, vom Beklagten angefertigte Lichtbilder der Öffentlichkeit preiszugeben, wenn es ihren Interessen oder der ihres Ehemannes bzw. Familie dient.

Der Hinweis der Klägerin (Berufungserwiderung, S. 4, GA 334; Schriftsatz vom 24.06.2013, S. 9. GA 127) auf die Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg (Urteil vom 31.10.2011 – 14 O 21/11 – NJW 2012, 287), wonach die Herstellung, Verschaffung oder der Besitz eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten auch dann eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle, wenn keine Verbreitungsabsicht bestehe, verfängt nicht. Dort ging es darum, dass von einer Patientin während einer Brustoperation von deren professionellen Betreuer mittels einer Handykamera ohne deren Einwilligung Fotos gemacht wurden. Der vorliegende Fall liegt ersichtlich anders.

Der Klägerin steht ein weitergehender Löschungsanspruch auch nicht nach dem BDSG zu, da dieses im Streitfall nicht anwendbar ist, wie sich aus dem unter II. 1.b) Gesagten ergibt.

III.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zu. Soweit ersichtlich, ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Löschung von Vervielfältigungsstücken außerhalb des Anwendungsbereichs des § 37 KunstUrhG oder des einen Anspruch auf Vernichtung von Vervielfältigungsstücken ausdrücklich vorsehenden § 98 Abs. 1 UrhG besteht, höchstrichterlich noch nicht geklärt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§  708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,00 € festgesetzt (Berufung Klägerin 3.000,00 €; Berufung Beklagter 3.000,00 €).

Grünewald                                    Dr. Reinert                                   Haberkamp

Gerichtsart Vorinstanz: 
LG
Gerichtsort Vorinstanz: 
Koblenz
Datum Vorinstanz: 
22. Mai 2014
Aktenzeichen Vorinstanz: 
1 O 103/13

Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04.09.2012, AZ: 7 U 56/11

OLG Hamburg zur Verletzung des Rechts am eigenen Bild und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts: Presseveröffentlichung eines manipulierten Bildes
Urteilstext: 

 

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 7. Zivilsenat, Urteil vom 04.09.2012, 7 U 56/11

§ 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 22 S 1 KunstUrhG, § 23 Abs 2 KunstUrhG

Verfahrensgang

vorgehend LG Hamburg, 27. Mai 2011, Az: 324 O 648/10, Urteil
 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27.05.2011, Az. 324 O 648/10, wird zurückgewiesen.

 

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

3. Das Urteil ist hinsichtlich des Verbotsausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 Euro, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 

I.

1

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung, es zu unterlassen, das Titelbild der Zeitschrift „Frau im Spiegel“ Nr. ... vom ... September ... erneut zu veröffentlichen. Abgebildet sind die Klägerin und ihr Ehemann auf deren Weingut zwischen Weinreben. Anlass zur Klage ist eine auf Seiten der Beklagten am Foto vorgenommene Farbveränderung, die die Klägerin stärker geschminkt erscheinen lässt als auf dem unbearbeiteten Foto, nämlich mit einem auffälligen hellblauen Lidschatten auf den Ober- und Unterlidern (Anl. K 1, K 8, B 1).

2

Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

 

3

Gegen das ihr am 31. Mai 2011 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Beklagte am 9. Juni 2011 Berufung eingelegt und eine Berufungsbegründung vor Ablauf der verlängerten Begründungsfrist eingereicht.

 

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Die Beklagte beruft sich auf eine von der Klägerin erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotografie und rügt im Wesentlichen, dass das Landgericht verkannt habe, dass die am Foto vorgenommenen Helligkeits- und Farbanpassungen zur Veröffentlichung auf der Titelseite reproduktionstechnisch erforderlich und für den Aussagegehalt unbedeutend gewesen seien. Maßstab für die reproduktionstechnische Erforderlichkeit sei die Angleichung der Fotografie an das gesamte Erscheinungsbild des Titels unter Einbeziehung des für den Druck verwendeten Hochglanzpapiers. Für die zu treffenden Feststellungen habe sie einen sachverständigen Zeugen und ein Sachverständigengutachten angeboten.

5

Die Beklagte führt ferner gegen den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch an, dass die geringfügige Veränderung der Fotografie durch die Bildbearbeitung nur wahrgenommen werde, wenn das Originalfoto zu einem unmittelbaren Vergleich herangezogen werde. Auf Grund dieser Geringfügigkeit sei eine nennenswerte Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht eingetreten. Eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte führe zu einem Vorrang der Pressefreiheit.

 

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Die Beklagte beantragt,

 

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

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Die Klägerin beantragt,

 

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die Berufung zurückzuweisen.

 

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Für den Vortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

II.

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

 

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Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 Abs. 2 KUG bejaht.

 

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1. Im angefochtenen Urteil wird zutreffend festgestellt, dass das beanstandete Bildnis der Klägerin ohne deren Einwilligung veröffentlicht worden ist (§ 22 S. 1 KUG), weil die bei der Aufnahme des Fotos (das zu Zwecken der Veröffentlichung angefertigt wurde) erteilte Einwilligung die nachträgliche Bildbearbeitung nicht deckte. Auf der Grundlage der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14. Februar 2005, 1 BvR 240/04, AfP 2005, 171ff, 173) kann dahinstehen, ob etwa „…rein reproduktionstechnisch bedingte … Veränderungen …“ die Einwilligung unberührt lassen würden; denn dies gilt jedenfalls nicht für Veränderungen, die den Aussagegehalt des Bildnisses nicht nur unbedeutend beeinflussen und zu einer unzutreffenden Bildaussage führen.

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Auch nach Auffassung des Senats hat die auf Seiten der Beklagten vorgenommene Bildbearbeitung indes die Bildaussage nicht nur unbedeutend verändert, da die Klägerin auf dem veröffentlichten Foto stärker geschminkt erscheint, als es in der abgebildeten Situation der Realität entsprach. Die Farbveränderung erweckt insbesondere den unzutreffenden Eindruck, dass die Klägerin für das auf dem Weingut aufgenommene Foto ihre Ober- und Unterlider mit einem auffälligen hellblauen, glänzenden Lidschatten geschminkt hatte. Tatsächlich hatte sie zwar ihre Augen geschminkt, jedoch wirkte ihr Makeup wesentlich dezenter und war ihr äußerer Eindruck deshalb natürlicher. Ergänzend wird insoweit auf die überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen, um Wiederholungen zu vermeiden.

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2. Es kann zwar angenommen werden, dass die Abbildung im Hinblick darauf, dass der Ehemann der Klägerin ein Weingut erworben hatte, als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne eine Einwilligung verbreitet werden durfte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); dennoch stuft der Senat die erfolgte Veröffentlichung nicht als rechtmäßig ein, weil sie ein berechtigtes Interesse der Klägerin verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG). Diese Rechtsverletzung ist in der durch die Bildbearbeitung verursachten unzutreffenden Bildaussage begründet, die nach den vorstehenden Ausführungen (zu Ziffer 1.) nicht als nur unbedeutende Veränderung gelten kann.

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Auch eine Abwägung der grundrechtlich geschützten Interessen der Parteien, einerseits der Pressefreiheit und Meinungsfreiheit der Beklagten, andererseits des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

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Die Pressefreiheit und insbesondere die Freiheit der redaktionellen Gestaltung haben hier schon deshalb geringere Bedeutung, weil eine unrichtige Information, die der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Möglichkeit zutreffender Meinungsbildung nicht dienen kann, unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Gut ist (vgl. BVerfG a.a.O. S. 173 für die Verwendung von fotografischen Abbildungen in satirischen Kontexten). Diese Einschränkung gilt auch für Manipulationen von Fotografien, die zu einer unzutreffenden Bildaussage führen, auch wenn sie im Einzelfall dazu dienen, unter bildredaktionellen und fotografischen Gesichtspunkten die Qualität der Abbildung zu verbessern (vgl. BVerfG a.a.O. S. 173). Während die Klägerin nicht damit rechnen musste, dass ihre Abbildung vor der Veröffentlichung so verändert würde, dass ihre Augen – wie auch immer dies technisch bewirkt wurde - mit auffälligem Lidschatten versehen wurden und sie stärker geschminkt erschien als in der Realität der abgebildeten Situation, lag es für die mit der Manipulation befassten Bildredaktion auf der Hand, dass dadurch eine nicht unbedeutende Veränderung der Bildaussage eintrat. Bei Nutzung moderner elektronischer Kommunikationsmittel hätte es im Übrigen nur wenig Mühe und Zeit gekostet, die Klägerin um ihre Einwilligung in die Bildveränderungen zu bitten. Bei einer Versagung der Einwilligung hätte noch die Möglichkeit bestanden, dass nicht aufgehellte Bild zu benutzen und es entweder im Heftinneren abzudrucken und auf das Titelblatt eine Abbildung nur des Ehemannes der Klägerin zu drucken oder das beanstandete Foto in der dunkleren und weniger scharfen Originalfassung.

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Nach allem führt die Interessenabwägung wegen der - auch mit Rücksicht auf die angeführten redaktionellen Alternativen - geringeren Beeinträchtigung der Pressefreiheit zu einem Vorrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin.

 

19

Abschließend wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen.

 

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

21

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

 

22

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht erfüllt sind.

 

Gerichtsart Vorinstanz: 
LG
Gerichtsort Vorinstanz: 
Hamburg
Datum Vorinstanz: 
27. Mai 2011
Aktenzeichen Vorinstanz: 
324 O 648/10
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